Leseprobe

Vorwort

 

Gestatten, mein Name ist Vassiliew – Gospodar Vassilij Vassiliew, meine Freunde nennen mich Willi! Meine Abstammung – alter russischer Adel, kann leider nicht mehr nachgewiesen werden, da die Unterlagen während der politischen Wirren der letzten Jahrhunderte verloren gegangen sind. Ich habe mir meinen Lebensraum nach meinen Vorstellungen ausgesucht und bin dabei auf ein kleines Anwesen mit zwei Bediensteten im Süden Deutschlands an der Donau gestoßen. Mein animalischer Instinkt hat mich zielstrebig hierher geführt und ich genieße mein derzeitiges Dasein in vollen Zügen. Um alle diese Vorzüge und sämtliche Ereignisse festzuhalten, habe ich mein Personal, insbesondere die Hausdame, beauftragt, meine Biographie zu erstellen:

 

Wie alles begann

 

 

Man sollte nie in ein Tierheim hinein gehen, wenn man dermaßen geartet ist, wie wir – denn man kommt nie alleine wieder heraus!

So ging es mir schon öfter in meinem Leben und eigentlich müsste ich ja gewarnt sein. Aber wenn man halt ein Herz hat, dessen Takt vom Blick eines Hundes oder vom Schnurren einer Katze bestimmt wird, kann der Bogen gar nicht groß genug sein, den man um diese Einrichtungen zu machen gedenkt, es wird einen immer wieder dorthin ziehen.

 

Das war schon vor vielen Jahren so, als wir unseren ersten Hund aus dem Tierheim holen wollten. Wir, das waren damals meine Tochter, mit ungefähr 10 Jahren und ich. Wir wollten unsere Aktion erst einmal vor meinem Mann geheim halten und uns ein wenig umschauen. Meine Tochter hätte sich auch eher die Zunge abgebissen, als etwas zu verraten, aber wie das halt so ist, rutscht einem dann zum ungünstigsten Zeitpunkt doch mal was raus. Und so verkündete sie freudestrahlend und vollkommen unbedarft, dass in der Zeitung eine Hundehütte zum Verkauf angeboten würde.

Was das zu bedeuten hatte, war meinem Mann sofort klar.

 

 

Achim

 

 

An unseren kleinen oder größeren Problemen, je nach dem, wie man´s sieht, nimmt auch eine nette Internet-Bekanntschaft teil, die wir über ihre Owtscharka-Seite kennen gelernt haben. Sie hat auch einen, nein, sie hat sogar zwei Owtscharkas und nebenbei noch so allerhand anderes Getier. Wie nicht anders zu erwarten war sie auch dem besonderen Charme dieser Rasse erlegen. Zu ihren beiden alten, inzwischen verstorbenen Kaukasen und ihrer Labrador-Hündin Gina holte sie dann Mascha, eine hübsche, weiße Owtscharka-Hündin von einem zwielichtigen Züchter. Eigentlich hatte sie sich in Maschas Bruder verguckt, aber noch ein Rüde wäre sicher keine gute Wahl gewesen. Allerdings ließ sie diesen Hund nicht aus den Augen und musste entsetzt feststellen, dass der Züchter den wunderschönen Rüden misshandelte und ihn schließlich wegen einer angeblichen Hüftgelenksdysplasie mit drei Jahren einschläferte. Zum Glück gab es aber von ihm noch einen Wurf und nach kurzem Zögern und einem Blick in die Augen eines der Welpen, die denen des Vaters so ähnlich waren, war die Entscheidung gefallen –

 

die Entscheidung für …..........

 

 

Achim

 

 

Hallo Achim,

 

sag´ mal, was haben wir bloß angestellt! So ein Sch....wetter, tun Dir Deine Knochen auch so weh?! Mein Frauchen hat mir die Bilder von den Vampiren gezeigt, alle Achtung und du lässt das alles so über dich ergehen!

Mir reichen schon die blöden Zecken, hatte eine unter der Achsel und bis Frauchen die entdeckt hat, hatte ich die schon ganz schön bearbeitet und dann war alles entzündet. Und mein Tierarzt ist gerade im Urlaub, eigentlich bräuchte ich eine Analdrüsen-Sanierung. Jetzt drückt Frauchen auf mir rum, ziemlich unprofessionell! Habe mich gestern aber revanchiert - als der Postbote geklingelt hat und sie draußen war, habe ich die Tür von innen zugehauen und damit hatte ich sie ausgesperrt. Das hat mir die Jana gelernt, aber die konnte die Tür auch wieder aufmachen! In der ganzen Nachbarschaft keiner zu Hause wegen Ersatzschlüssel oder Telefon und - Kuchen im Ofen! Aber Frauchen hat Glück gehabt, dass die obere Balkontüre offen war und wir haben ja zur Zeit ein Gerüst am Haus. Also ist sie rauf geklettert und hat uns (mich und den Kuchen) gerettet. Na ja, man muss sich ja ein bisschen die Zeit vertreiben, wenn draußen schon nichts geht. Hoffentlich geht`s bei Dir bald aufwärts, ein bisschen Wärme täte uns Geplagten schon gut. Und Eure Pferdchen lernen bei der Nässe sicher bald schwimmen! Sag` Deinem Frauchen einen lieben Gruß und wir wünschen einen schönen Feiertag.

Halt` die Ohren steif, Alter!

 

Gruß Willi

Bruno

 

Der neue Brieffreund

 

Bruno lebt mit seinen Menschen im Schwabenländle. Es gibt anscheinend doch noch mehr so „hundeverrückte“, wie wir. Brunos Leute haben außer ihm, einem kaukasischen Owtscharka, auch noch zwei riesige Leonberger, eben richtige Bären und bis letztes Jahr auch noch eine Schäferhund-Labrador-Mischlingshündin. Nach Aussage der Besitzerin sollte Bruno, der aus Ungarn stammte, nur für die Zeit bis zu seiner endgültigen Vermittlung bleiben, aber den Leuten ging es wahrscheinlich ähnlich wie uns. Einmal in diese Augen geschaut, und es ist passiert. Und so durfte Bruno eben bleiben.

 

 

Hallo Bruno,

 

möchte mich zuerst einmal vorstellen, ich bin der Willi. Wir gehören der gleichen Rasse an, ich bin lediglich ein Zentralasiate und Du ein Kaukase. Ich hab´ Dein Bild in einem Kalender gesehen, den ich zu Weihnachten von meinem Freund Achim bekommen habe. Das Bild auf dem Kalender fand ich so toll, dass ich mich unbedingt mal bei Dir melden wollte. Achim ist auch ein Kollege und seit längerem schon mein Brieffreund. Allerdings ist er ein bisschen schreibfaul, was ich ihm aber nicht verübeln kann, denn er hat, ähnlich wie Du, noch zwei Damen mit zu betreuen, eine Owtscharkarova und eine Labradorine.

Als ich Deine Geschichte gelesen habe, musste ich schmunzeln und hab´ mir gedacht: auch wieder einer, der einen Sechser im Lotto gewonnen hat mit seinen Leuten. Ja, man muss in der heutigen Zeit schon schauen, wo man bleibt! Bin mit meiner Regierung auch recht zufrieden und habe hier alles voll im Griff.

Ich beneide Dich ja nur um Deine Spielgefährten, das muss schon ganz toll sein, wenn man mal so richtig im Garten rum toben kann und einem davon fällt sicher immer was ein, was man so anstellen könnte. Ich muss mich da mit meiner Katze begnügen, na ja, besser als nix! Und dann hab´ ich da noch so eine ganz süße Freundin. Meine Bella ist ein Golden Retriever, ein ganz flotter Käfer, wohnt ein paar Häuser weiter und wenn ich Gassi gehe, wartet sie manchmal schon am Gartentor und dann können wir ein bisschen flirten. Leider viel zu selten!

Wir haben ein recht bewegtes Jahr hinter uns, aber seit ich kastriert worden bin, bin ich die Ruhe selbst, zumindest zuhause. Draußen kämpfe ich dann täglich meinen Kampf mit meinem Herrchen, der immer meint, ich müsste so hüpfen, wie er pfeift. Das kann er sich allerdings abschminken, aber irgendwie glaubt er das noch nicht so recht. Mal sehen, wer am Schluss den längeren Atem hat!?

 

Nun weißt Du schon so einiges über mich und ich würde mich riesig freuen, wenn Du mir auch mal ein paar Zeilen über Dich schickst, natürlich nur, wenn Dir Deine Obrigkeit mal so viel Zeit einräumt. Aber so, wie ich Dich einschätze, genügt schon ein treudoofer Augenaufschlag und Du hast gewonnen – oder???

 

Also, dann hoffe ich, Dich nicht zu sehr gelangweilt zu haben und wünsche noch ein schönes Wochenende. Halte die Ohren steif und grüße alle Deine Zwei- und Vierbeiner in Deiner Umgebung

 

vom Willi

 

 

Trio bello Achim Bruno und Willi
Trio bello Achim Bruno und Willi